Montag, 15. Juni 2015

Nippon Connection

Vom 2. bis 7. Juni fand das 15. japanische Filmfestival in Frankfurt statt. Das Jubiläumsprogramm stellte über 100 Filme vor, darunter einige Animationsfilme und Dokumentationen, sowie Workshops und Unterhaltung für junge und erwachsene Japan-Liebhaber.
Unsere Redaktion machte sich auch auf den Weg nach Frankfurt, um mit den eigenen Augen eine oder andere Premiere zu sehen. So sahen wir uns folgende neue Filme an: "The round table", "100 yen  love" und "Uzumasa Limelight".  Auch der Anime"Shinsengumi" war in unserem Programm.
Am 7. Juni wurden die Gewinner der Wettbewerbe bekannt gegeben. In der Kategorie "Nippon Cinema Award 2015" fanden sich zwei Filme aus unserer Auswahl unter den Ausgezeichneten, nämlich "Uzumasa Limelight" am Platz 1 und "100 yen love" am Platz 3.
Allgemein zu den drei gesehenen Filmen kann man sagen, dass sie in die Kategorie "typische japanische Filme" fallen. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu den westlichen Filmen kaum eine Geschichteentwicklung haben, mehr oder weniger erwartet die Zuschauer ein Auschnitt aus dem Leben vom Protagonisten, die Story plätschert vor sich hin, bis sie manchmal ganz ohne Höhepunkte irgendwann zu Ende kommt.

So sind unsere Impressionen von den Filmen.

"The round table"

Originaltitel: 円卓 こっこ、ひと夏のイマジン
                  entaku kokko, hito natsu no imajin
Erscheinungsjahr: 2014
Regisseur: YUKISADA Isao

Kokko ist der Spitzname der achtjährigen Kotoko, die im Zentrum des Filmes steht, und die wir durch einen Sommer begleiten. Kokko hat einen besonderen (Miss)verständnis zu den Mitmenschen, und versucht einiges nachzumachen, was sie für cool hält. So versucht sie zum Beispiel einen Arrhythmieanfall vorzuspielen, wie ein ihrer Klassenkameraden vor kurzem erlitten hat. Solche Nachahmungen finden aber gar kein Verständnis bei den anderen. Wir sehen allerlei Ereignisse aus Kokkos Leben, die über die Sommerferien passieren.
Bemerkenswert ist die Anzahl der Kinder mit dem Migrationshintergrund in ihrer Klasse: sie haben dort einen Koreaner und einen vietnamesischen Jungen (boat people). Versucht man in Japan "political correctness"?
ASHIDA Mana (Kokko) spielte ihre Rolle sehr gut, auch eine Variation von Kansai-Dialekt scheint sie zu beherrschen. Sie war der größte Star in einem herzzerreißenden Dorama "Ashita, mama ga inai", wo sie ein selbstbewusstes Mädchen in einem Kinderheim spielt. Außerdem spielte sie mehrere Rollen in TV-Serien und Filmen.
In "The round table" ist auch eine Portion Humor zu finden, er hat ein angemessenes Tempo, man langweilt sich nicht, jedoch die Storyline ist quasi nicht existent (typisches "Geplätscher"), deswegen haben wir mit 4 von 5 Sternen dafür abgestimmt.

"Shinsengumi"


Originaltitel: 新撰組 (shinsengumi)
Erscheinungsjahr: 2000
Regisseur: ICHIKAWA Kon

Wie der Name verrät, handelt es sich um Shinsengumi ("neue auserwählte Gruppe"), eine Samurai-Schutztruppe in Kyoto, die in 1860er für Shogunat kämpfte.
Dieser Animationsfilm ist in einer ganz anderen Art und Weise gedreht, als die Zeichentrickfilme wie etwa die meisten Animes. Die Figuren wurden wie ein Manga erst auf Karton gezeichnet, dann ausgeschnitten und auf den Stilen bewegt bzw. vor Kamera arrangiert. Der Erzähler kommentiert die Geschichte von Shinsengumi, die ziemlich genau von der Entstehung der Truppe anfängt, mit Humor und scheut sich nicht davor, ein paar moderne Wörter in Vokabular der Samurai einzustreuen.
Wenn man den Anfang und Gewöhnungsphase überstanden hat, wird es richtig interessant. Leider mussten wir irgendwann in der Mitte gehen, um den Zug nicht zu verpassen.

"100 yen love"


Originaltitel: 百円の恋 (hyakuen no koi)
Erscheinungsjahr: 2014
Regisseur: TAKE Masaharu

Der Film erzählt die Geschichte (oder einen Ausschnitt aus dem Leben) einer jungen Frau, die mit 32 sich gehen lässt und im Haus ihrer Eltern herumgammelt. Als der Streit mit ihrer Schwester eines Tages eskaliert, versucht sie ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen: sie mietet sich eine Wohnung und findet einen Job im nahe liegenden 100-yen-shop. Ihre Handlungen sind aber erst ziemlich halbherzig.
Eine kurze Beziehung mit einem Boxer, den sie einige Zeit beobachtet hat, und plötzliche Trennung von ihm bewegen sie schließlich selbst anfangen zu boxen. Da beginnt die richtige Umwandlung der sonst so lethargischen Ichiko.
So kurz erzählt scheint die Geschichte ganz okay zu sein, jedoch wurden einige Fäden nicht mit einander verbunden. Und ein bisschen Rumgeplätschere hatte hier auch seinen Platz. Wäre das ein amerikanischer Film, würde Ichiko unbedingt ein neuer Boxer-Star am Ende. Das war nicht der Fall.
Alles in einem schätzten wir den Film wiederum auf 4 Sterne von 5.
Die Hauptdarstellerin ANDO Sakura war anwesend und nach dem Film gab es ein Gespräch mit ihr und dem Regisseur. Dazu im nächsten Post mehr.

"Uzumasa Limelight"

Originaltitel: 太秦ライムライト (uzumasa raimuraito)
Erscheinungsjahr: 2014
Regisseur: OCHIAI Ken

Der Schauspieler KAMIYAMA Seiichi spielte in historischen Filmen immer Nebenrollen der Bösewichter, die möglichst spektakulär getötet werden. Und nun kommen schwere Zeiten für den 70jährigen: Samurai-Filme kommen aus der Mode, und wenn man einen solchen Film dreht, will man junge populäre Gesichter dort sehen, keiner legt Wert auf den ernsthaften Training mit den Schwerten (es wird mit Star Wars-Schwertern gedreht und dann werden die Szenen digital bearbeitet). Nur eine junge Schauspielerin Satsuki interessiert sich für die Kampfkunst und lernt vom alten Meister Kamiyama. Dank diesem Können bekommt sie eine Rolle und wird ein richtiger Star.
Inzwischen sind alle "Altbestände" im Filmstudio Uzumasa in die Rente gegangen, und Kamiyama auch. Aber Satsuki hat ihn nicht vergessen, sie überzeugt den Regisseur nochmal alte Schauspieler auf Set zu holen, und einen Remake mit den richtigen Meistern und Kamiyama zu drehen.

Dabei handelt es sich um 花道を作る (hanamichi wo tsukuru), dem anderen eine Möglichkeit zu schaffen, vor einem möglichst würdevollen Rücktritt die Tätigkeit mit einer Glanzleistung zu absolvieren.
Pathos sprudelt aus jedem Bild, symphonische Musik untermalt dramatische Momente, Sakurablütenblätter fallen... Dem Regisseur ist es gelungen, Musik und visuelle Mittel eines Hollywood-Blockbusters mit der Pietät und dem typisch japanischen Pathos zu verbinden. Die Storyline war dabei etwas vernachlässigt. Außer der "alten Garde" bestehend aus Kamiyama und noch ein paar war die schauspielerische Leistung zum Teil mittelmäßig bis schlecht. Deswegen war unser Fazit wie bei den anderen: 4 Sterne von 5. Warum der Film ein Gewinner ist, kann man nicht sagen, ohne alle anderen Filme gesehen zu haben. Vielleicht war er tatsächlich der beste von der Auswahl, oder haben sich einige Zuschauer von den Auszeichnungen auf anderen Festivals beeindrucken lassen? Diese wurden nämlich im Trailer erwähnt.

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